Sarah Maria Schmidt ist Stipendiatin der hessnatur Stiftung 2017. Authentisch und selbstbewusst begründet sie ihre Affinität zum internationalen Nachhaltigkeitsdiskurs in der Textil- und Bekleidungsbranche.
Welches Interesse hat Dich zur Bewerbung eines Stipendiums der hessnatur Stiftung bewogen? Welche inhaltlichen Stiftungsschwerpunkte haben Dich angesprochen?
Von Bedeutung war hier die Kooperation der hessnatur Stiftung mit der ESMOD Berlin. Diese unterstützt einzigartig eine wertvolle Zusammenarbeit mit Experten bereits mit Beginn meines Studiums.
Mich haben insbesondere die strategische Nachhaltigkeitsberatung und die Projektarbeit der operativen Stiftung angesprochen. Zudem empfinde ich die geleistete Öffentlichkeitsarbeit als sehr wertvoll. Angestrebt wird der Austausch u. a. mit einem Fachpublikum, um das Gegenüber zu neuem Wissen und Denken anzuregen.
Wie passen die inhaltlichen Schwerpunkte und Ziele der hessnatur Stiftung zu Deinen Einstellungen?
Nachhaltigkeit ist ein sehr komplexer Begriff, der ganz unterschiedlich interpretiert wird und werden soll. Man muss akzeptieren, dass es sich hierbei um einen Prozess verschiedener Etappen von Veränderung handelt.
Der internationale Nachhaltigkeitsdiskurs beinhaltet oftmals sehr extreme Formen eines Schwarz-Weiß-Denkens. Das wirkt auf mich äußerst abschreckend. Die Ziele der hessnatur Stiftung sind insofern sehr erfrischend. Lösungen werden aus der Industrie herausgefunden. Es besteht ein umfassendes Netzwerk und ein ganzheitlicher Ansatz.
Die hessnatur Stiftung sucht mit interessierten Unternehmen und Akteuren gemeinsam nach neuen Lösungswegen. Dieser gemeinsame und weniger vorwurfsvolle Weg ist sehr wertvoll. Jeder Schritt in Richtung Nachhaltigkeit ist hart erarbeitet und darf gerne gefeiert werden. Nur darf man sich nicht darauf ausruhen, sondern muss konstant weitere Veränderungen anstreben.
Wie siehst Du dich in deiner Rolle als Stipendiatin der hessnatur Stiftung?
Hierzu fallen mir insbesondere die Begriffe Inspiration und Antrieb ein. Aus einer Gruppe von mehreren Studenten heraus für dieses Stipendium erwählt zu werden, ist sehr toll. Es zeigt, dass man an sich glauben soll. Nun möchte ich beweisen, dass ich es verdient habe. Das gibt mir den Antrieb noch tiefer zu gehen, um mir mehr Wissen aneignen zu können. Dieses möchte ich zukünftig auch aktiv in die hessnatur Stiftung einbringen und mich neben dem Studium engagieren. Stipendiatin der hessnatur Stiftung zu sein bedeutet für mich Verantwortung und Vertrauen. Aber auch die Möglichkeit auf Augenhöhe kritisch zu diskutieren und verschiedene Perspektiven zu erfahren und einzubringen.
Welche Erwartungen hast Du an das Masterstudium „Sustainability in Fashion“ an der ESMOD Berlin?
Hohe Erwartungen! Ich möchte mir ein umfassendes Wissen zum Thema Nachhaltigkeit erarbeiten und im Studium so viele Informationen wie möglich sammeln. Das Studium bietet mir die Möglichkeit meine Kenntnisse und Fähigkeiten in verschiedenen Fachbereichen in einem für mich sicheren Umfeld auszutesten, um anschließend mit wertvollen Erfahrungen in die Praxis zu gehen und Argumenten auch in schwierigen Diskussionen entgegenzuhalten.
Den Austausch mit internationalen Studenten, die zumeist vielfältige berufliche Erfahrungen haben, empfinde ich zudem als sehr wertvoll. Es ermöglicht jedem von uns ein Netzwerk aufzubauen und wertvolle Kontakte zu Experten zu knüpfen. Wir lernen voneinander und miteinander.
Was möchtest Du mit dem Masterstudium an der ESMOD erreichen?
Ich möchte meinen eigenen moralischen Anspruch an das Thema Nachhaltigkeit im Laufe meiner beruflichen Weiterentwicklung wiederfinden können. Das ist für mich persönlich sehr wichtig. Gesellschaftlich und politisch muss sich etwas bewegen bzw. müssen die Schrauben im System Modeindustrie effektiv und profitabel gedreht werden. Diese Branche muss sich verändern.
Hast Du mit Beginn des Studiums eine Präferenz für einen bestimmten Fachbereich entwickelt?
Bestätigt hat sich, dass die Studieninhalte Sustainable Design Strategies und Sustainable Production & Textiles für mich persönlich sehr stimmig sind. Gelehrt werden hier etwa die verschiedenen Möglichkeiten nachhaltiger Design- und Produktionsansätze entlang der textilen Kette. Zudem finde ich die Inhalte zum gesamten Bereich des textilen Materials, seiner Herstellung und Beschaffung und damit die Möglichkeiten und Begrenzungen ökologischer Textil- und Bekleidungsproduktion sehr spannend.
An welche bisherigen persönlichen Leistungen kannst Du anknüpfen?
Im Jahr 2015 habe ich mein Double Degree in Fashion Design mit dem Bachelor of Arts an der Angewandten Kunst Schneeberg sowie dem Bachelor of Culture and Arts an der HAMK in Hämeenlinna erfolgreich abgeschlossen. Einige Studieninhalte in Finnland absolvieren zu können, hat mir das Lernen im internationalen Raum ermöglicht. Nachhaltigkeit stand auch hier im Fokus. So beschäftigt sich etwa meine Abschlussarbeit mit der sehr aktuellen Thematik der Transparenz in der Modeindustrie.
Zudem habe ich bereits mehrjährige Erfahrungen u. a. infolge meiner beruflichen Tätigkeit für Akteure im Bereich Fast Fashion.
Welche Bedeutung hat das Stipendium für Deinen beruflichen Werdegang?
Mit Beendigung des ersten Studiensemesters erhoffe ich mir zukünftig hinter die Kulissen der hessnatur Stiftung blicken zu dürfen. Wie kann man Unternehmen auf ihrem Weg in Richtung Nachhaltigkeit beraten? Wie lassen sich Projekte zielgerecht und anwendbar an die Praxis kommunizieren und umsetzen?
Wie möchtest Du dich zukünftig in den internationalen Nachhaltigkeitsdiskurs (der Textil- und Bekleidungsindustrie) einbringen?
Langfristig betrachtet strebe ich an politisch aktiv bzw. beratend tätig zu sein. Es besteht ein hoher Bedarf zeitnah auf politischer Ebene der EU Änderungen zu bewirken. Hierbei denke ich insbesondere an internationale Standards und Zertifikate, die nicht nur lokal umgesetzt, sondern international bewusster gemacht werden sollten. Die Textilindustrie hält sich hier noch stark zurück.
Wie informierst Du dich über aktuelle Themen im Bereich Nachhaltigkeit?
Ideen zur Nachhaltigkeit werden über den Austausch mit anderen Personen getragen. Daher sind Diskussionen und Gespräche mit Studenten der ESMOD und Freunden für mich die Basis für Informationen und Inspiration. Besonders wertvoll finde ich das Buch „To Die for: Is Fashion Wearing Out the World?“ von Lucie Siegle.
Welchen Anspruch hast Du an die nachhaltige Entwicklung der Produkte bzw. der Akteure der Textil- und Bekleidungsindustrie?
Der Prozess der Bewusstwerdung einer Notwendigkeit nachhaltiger Entwicklung hat begonnen. Davon bin ich überzeugt. Nun müssen jene die eigene Verantwortung erkennen, um Veränderungen aktiv zu gestalten und zu bewirken. Akzeptiert werden muss jedoch, dass Nachhaltigkeit ein Prozess ist und der Wandel hin zur nachhaltigen Entwicklung nur langfristig geschehen kann. Auf gesellschaftlicher wie unternehmerischer Ebene sollten Entscheidungen und Handeln nicht von Angst vor Transparenz und öffentlicher Kritik dominiert werden. Sicherheit, diesen Schritt zu gehen, kann meiner Meinung nach insbesondere auf politischer Ebene geleistet werden.
Was bedeutet Nachhaltigkeit für Dich?
Meines Erachtens ist Nachhaltigkeit ein sehr komplexer Begriff. Nachhaltigkeit in Extremen zu denken, also das Schwarz-Weiß-Denken, ist für mich entgegen der Form vieler Diskussionen hierzu nicht zielführend. Die unterschiedlichen Anforderungen, denen verschiedene Unternehmen, Lieferanten und Kunden auf dem Weg in Richtung Nachhaltigkeit begegnen, dürfen sich gerne widerspiegeln. Sofern in dem System Welt kein Schaden hinterlassen wird, sondern ganz im Gegenteil ein positiver Abdruck- ökologisch sowie sozial.
Nachhaltigkeit in der Mode umfasst für mich persönlich zum einen die eigene unternehmerische Verantwortung gegenüber dem Konsumenten. Zum anderen natürlich die Verantwortung gegenüber der Umwelt und die soziale Verträglichkeit.